Eine selbstbestimmte Zukunft für die Organspende


Eine selbstbestimmte Zukunft für die Organspende

In Deutschland fehlen Organspenden. Dieses Problem haben alle Parteien im Deutschen Bundestag erkannt. Daher standen vergangenen Donnerstag zwei Gesetzesentwürfe zur Auswahl, beide wollten die Zahl der Organspender in Deutschland erhöhen. Die Ideen hierzu unterschieden sich sehr grundsätzlich. Debatten zu Fragen von solch großer ethischer Bedeutung sind oft Sternstunden des Parlaments. Die Abgeordneten ringen losgelöst von der Fraktionsdisziplin in parteiübergreifenden Koalitionen, äußerst emotional, um die Sache. So geschah es auch in der letzten Woche. Im Kern ging es darum, auf welche Art und mit welchem Automatismus die eigene Präferenz gegenüber einer Organspende festgehalten bzw. gehandhabt werden sollte. Heribert Hirte stand als Initiator eines der beiden Gesetzesentwürfe im Zentrum der Debatte. Gemeinsam mit einer parteiübergreifenden Gruppe um die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karin Maag, mit Annalena Baerbock, Parteivorsitzende der Grünen, und vielen andere Abgeordnete verfasste Heribert Hirte den „Gesetzesentwurf zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft in der Organspende“.

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: In Deutschland bleibt es jedem Bürger weiter selbst überlassen, ob er sich nach seinem Tod als Organspender zur Verfügung stellt. Der Bundestag beschloss mit überraschend deutlicher Mehrheit die Zustimmungslösung, also den Entwurf der Gruppe rund um Hirte. Diese Lösung setzt auf zusätzliche Information und bessere Aufklärung. Die Widerspruchslösung, die die Bürger automatisch zu potenziellen Spendern gemacht hätte, lehnten die Abgeordneten ab. Die Rechtslage soll nun weiterentwickelt werden: Bürger sollen bei Arztbesuc15hen, Ausweisverlängerungen und anderen Behördengängen um eine Entscheidung zur Organspende gebeten werden. Diese Entscheidung wird in einem bundesweiten Online-Register dokumentiert. Sie kann jederzeit widerrufen werden – beinhaltet aber, dass jeder Bürger sich zukünftig mit der Frage auseinandersetzen muss. Die Gruppe rund um Gesundheitsminister Spahn, der hierbei allerdings formal als normaler Bundestagsabgeordneter agierte, wollte die doppelte Widerspruchslösung: Jeder sollte hiernach automatisch Organspender werden. Wer dies ablehnt, hätte sich aktiv dagegen aussprechen müssen. Diese Entscheidung sollte – jederzeit widerrufbar – in einem bundesweiten Register eingetragen werden, auf das Ärzte bei einer potenziellen Organspende schnell Zugriff gehabt hätten. „Doppelt“ wäre die Widerspruchslösung deshalb gewesen, weil die Ärzte zusätzlich Angehörige nach dem Willen des Patienten befragen sollten. Kritiker dieses Vorschlages, darunter auch Heribert Hirte, einte die Ansicht, dass die Widerspruchsregelung einen zu tiefen Eingriff in die menschliche Würde darstellt. Die Entscheidung zur Organspende bleibt nach ihrem Vorschlag nun freiwillig.

Jetzt folgt allerdings der eigentliche Kraftakt für die Politik: Zum einen müssen die wesentlichen Punkte des angenommenen Gesetzesentwurfes umgesetzt werden. Darunter fällt eine breite Informationsoffensive in Bürgerämtern, so dass jeder Mensch, der einen neuen Pass erhält, künftig auch auf die Organspende angesprochen wird. Ärzte sollen in Zukunft alle zwei Jahre zu diesem Thema beraten können, ein Online-Register soll den Zugriff der Krankenhäuser auf den Willen von potentiellen Spendern beschleunigen, und zahlreiche weitere, insbesondere organisatorische Änderungen sind vorgesehen.

Ebenso muss die emotionale Debatte nun wieder in konstruktive Bahnen gelenkt werden. Weder Widerspruchs- noch Entscheidungslösung können alleine für sich den großen Wurf für die Erhöung der Spenderzahlen bewirken. Es gilt, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit weiter sensibel auf das Thema Organspende zu lenken. Zudem sind vor allem die Strukturen in den Krankenhäusern entscheidend. Hierfür hatte der Bundestag bereits 2018 das zweite Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende – erlassen. Dieses gilt es nun zeitnah zu evaluieren und ggf. schnellstmöglich weitere Verbesserungen zu erreichen. Die Organspende bleibt auch nach der Entscheidung für die Stärkung der Entscheidungsbereitschaft eine große Herausforderung für die gesamte Gesellschaft. Gehen wir weiterhin so verantwortungsvoll damit um. Denn eines steht unzweifelhaft fest:

Organspende rettet Leben!

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