An jedem Ort der Welt: Christenhass, Muslimhass oder Antisemitismus geht uns alle an!


An jedem Ort der Welt: Christenhass, Muslimhass oder Antisemitismus geht uns alle an!

Mit diesem Vorwort leitet Heribert Hirte die 7. Ausgabe der Stephanuspost ein. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier als PDF. Stephanuspost_7:

Heißt Religion gleichzeitig Frieden? Die Antwort auf diese Frage ist komplexer als es zunächst erscheint. Es ist ein verklärtes Bild von Religion, diese als reine Friedensbotschaften zu verstehen. Seit Jahrhunderten verursachen religiöse Spannungen blutige Konflikte. Dabei haben sich Kirchen
und Anhänger religiöser Strömungen aus einem Gemenge aus populistischer Ideologie, religiöser Extreme und häufig vor allem aufgrund ihrer weltlichen Machtansprüche bekriegt.

Die geistigen Grundlagen für unser modernes Verständnis von Staat und Kirche konnten sich erst seit dem 19. Jahrhundert durchsetzen. Die Säkularisierung ist eine spezifisch europäische Entwicklung. Vorweg standen die Emanzipation des mündigen Bürgers und der Rechtsstaat.
Durch die Garantie personenbezogener Rechte verpflichteten sich Staaten, den Schutz für die verschiedenen konfessionellen und religiösen Ausprägungen sicherzustellen. Die staatlich garantierte Religionsfreiheit schützt den Einzelnen und befriedet in der Theorie die Gesellschaft. In
Deutschland hat exemplarisch die Weimarer Reichsverfassung von 1919 endgültig den „christlichen Staat“ beseitigt. Dies brachte, auch durch die rechtliche Gleichstellung von Religion und nichtreligiöser Weltanschauung, volle individuelle und für die Religionsgemeinschaften institutionelle Freiheit. Der gemäßigte Glaubensstaat war nunmehr Staat der Religionsfreiheit.

Heute liegt unserer Verfassung ein Verständnis zugrunde, das Hans-Jürgen Papier, der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, einmal als „Leitkultur der Vielfalt“ beschrieb. In Deutschland gibt es Platz für jede friedliche Religion, unsere Gesellschaft definiert sich qua Verfassung als tolerant gegenüber Gläubigen gleichermaßen wie Atheisten oder Agnostikern. Aber diese verfassungsrechtliche Ambition spiegelt sich nicht in der gesellschaftlichen Realität wider. Es ist etwas aus der Balance geraten. Offen religiösen Menschen schlägt vielerorts Ablehnung entgegen. Im Netz beobachten wir mehr und mehr hate speech, eben auch auf religiöse Gruppen gemünzt; alle Statistiken belegen einen Anstieg der Gewalt aufgrund anti-religiöser Motivation. Pinchas Goldschmidt, der Präsident der Konferenz der europäischen Rabbiner, hat über die Situation der Juden in
Europa gesagt: „Die Gefahr ist nicht imaginär, sie ist real. Sie ist nicht weit weg, sondern wir spüren sie täglich“.

Selbst in Europa ist Juden-, Moslem- oder Christenhass nicht zu verleugnen.

Das Thema Christenverfolgung ist kein exklusives für die Christenheit, wie Muslimhass oder Antisemitismus auch nicht nur Sache von Muslimen oder Juden ist. Es betrifft uns alle, an jedem Ort der Welt. Der Wettbewerb der Werte und Systeme hat sich globalisiert, der Einfluss Chinas, und damit der Einfluss autoritärer Werte, wird weiterhin steigen. Umso wichtiger ist es, dass Christen nicht schweigen, wenn Gläubige Opfer von Mordkampagnen werden. Umso wichtiger ist es, sich für die Menschenrechte in Gänze stark zu machen. Umso wichtiger ist es, auch nach innen zu blicken und in Deutschland Antisemitismus und Fremdenhass entschlossen zu begegnen. Es braucht einen neuen Impuls zur Befriedung unserer Gesellschaft, die heute mit allen Gesellschaften der Welt verwoben ist. Den Auftrag für die Zukunft hat Bundeskanzlerin Angela Merkel nach ihrem Besuch im Konzentrationslager Ausschwitz auf den Punkt gebracht:

„Hier geloben wir erneut, alles zu tun, damit das Leben, die Würde, das Recht und die Freiheit jedes Menschen, gleich, zu welchem Gott er sich bekennt, welchem Volk er angehört und welcher Abstammung er ist, auf dieser Erde unverletzt bleiben“.

Vorheriger Artikel Nächster Artikel

Wir verwenden Cookies, um Ihnen einen bestmöglichen Service zu bieten. Die Daten werden zur Optimierung unserer Webseite und zu Online-Marketingzwecken sowie statistischer Auswertung erhoben. Klicken Sie auf „OK”, um der Nutzung von Cookies zuzustimmen. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.