ARUG II: Mehr Transparenz, mehr Mitbestimmung, weniger Exzess


ARUG II: Mehr Transparenz, mehr Mitbestimmung, weniger Exzess

Aktionärsrechteumsetzungsgesetz (oder offiziell: Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II)); deutsche Sprache, manchmal sperrige Sprache. Hinter diesem sperrigen Begriff versteckt sich allerdings eine grundlegende Diskussion, die das deutsche Wirtschaftsrecht für Jahrzehnte beschäftigt hat – bis zum vergangenen Donnerstag. Von vorne: Ausgangspunkt für das am vergangenen Donnerstag in der 2./3. Lesung verabschiedete Regelungspaket (ARUG II) war eine europäische Richtlinie. Ursprünglich hätte Deutschland die Richtlinie bereits im Juni umsetzen müssen, aber insbesondere die SPD stand hier lange auf der Bremse, aber dazu später mehr.

Hier finden Sie das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrichtlinie (ARUG II). 

Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften, die aufgrund von Missmanagement das eigene Unternehmen in Schieflage bringen, drohten in der Vergangenheit kaum Sanktionen. Insbesondere, wenn Ihnen das Vertrauen entzogen werden sollte, war Ihnen mit regulären „arbeitsrechtlichen“ Schritten kaum beizukommen. Daher entscheiden sich viele Unternehmen für eine „Ablösung des Vertrages“, letztlich also einer Auszahlung der Vergütung ohne Gegenleistung, als Lösung – verständlich, dass sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Jobs im Zweifel durch eine schlechte Unternehmensführung in Gefahr geraten, gegenüber einem solchen „Goldenen Handschlag“ ungerecht behandelt fühlten.

Gleichzeitig beobachten wir, dass die breite Bevölkerung in Deutschland vor Aktienbeteiligungen zurückschreckt. Die Erfahrungen aus dem Debakel der Telekomaktie oder die Verluste der Dotcom-Blase wirken bis heute nach. Ein großes Problem, verzichten wir Deutschen so auf eine einfache Art der privaten Altersvorsorge und überlassen einen viel zu großen Teil der Wertschöpfung unserer Wirtschaft anderen.

Für die Unionsfraktion stand daher fest, die Möglichkeiten der Richtlinie zu nutzen, um vor allem auf diese beiden Problemfelder zu reagieren. Die Verhandlungen für die CDU/CSU mit dem Koalitionspartner führte Heribert Hirte als zuständiger Berichterstatter. Für ihn war klar: Durch Transparenz und mehr Mitsprache durch die Aktionäre ist ein Neustart für die festgefahrenen Verhältnisse möglich. Gegenwind kam vor allem von den Gewerkschaften und der SPD. Diese fürchtete, durch eine Stärkung der Aktionärsrechte, also der Rechte der Eigentümer eines Unternehmens, um den um den Einfluss der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat – dabei war die unternehmerische Mitbestimmung gar nicht in Gefahr.

Wie sieht nun der Kompromiss aus: Aufsichtsräte legen in Zukunft eine Maximalvergütung für Vorstände von Aktiengesellschaften fest, indem sie einen Vergütungsbericht verfassen – keine Hintertüren mehr, aber die Unternehmen bleiben auch frei in der Festlegung der Höhe der Gehälter. Hinzu kommt jetzt aber vor allem die Möglichkeit einer Aktionärsminderheit zu beantragen, dass die Hauptversammlung eine geringere als diese jetzt vom Aufsichtsrat festgelegte Maximalvergütung beschließt. Das ist richtig und aus Sicht der Union auch selbstverständlich, da zum einen Unternehmen Vertragsfreiheit genießen, zum anderen sich unser Land am Arbeitsmarkt im internationalen Wettbewerb um die klügsten Köpfe befindet. Mit der Einführung des neuen Gesetzes können Aktionäre, also die eigentlichen Eigentümer der Gesellschaften, jetzt aber auch auf eine 2schlechte Unternehmensführung reagieren, weil sie die Möglichkeit haben, die Vergütung in der Hauptversammlung durch Mehrheitsvotum verbindlich herabzusetzen. Dies bedeutet nichts anderes als eine Neujustierung der Spielregeln für Aktiengesellschaften. Denn in Zukunft sollen Vergütungssysteme für Manager auch verbindliche Kriterien enthalten, inwieweit ihre Bezahlung an eine langfristige und nachhaltige Unternehmensführung gebunden ist. Das ist ein Meilenstein in der Stärkung der Rechte der Aktionäre.

Das sind die Wesenskerne der neuen Regelungen, die einen mutigen Schritt der Politik beweisen. Darüber hinaus haben wir positive Veränderungen z.B. im Bereich der Informationspflichten bewirkt, und andere zukunftsträchtige Entwicklungen auf den Weg gebracht. Aktiengesellschaften können durch das neue System auch nach außen nachvollziehbar beweisen, dass sie ihre sozialpolitische Verantwortung wahrnehmen. Dadurch soll die Wirtschaft auch verlorengegangenes Vertrauen in der Bevölkerung zurückgewinnen.

Dieser Beitrag stammt aus den Berliner Einblicken #79, hier als PDF in Gänze zu finden: Berliner_Einblicke_79.

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