“Eine Selbstermächtigung von Managern ohne Eigentumsverantwortung“ – PM


“Eine Selbstermächtigung von Managern ohne Eigentumsverantwortung“ – PM

Verantwortungseigentum

Die junge deutsche Gründer- und Start-Up Szene ist innovativ, dynamisch und vielfältig. Immer mehr Unternehmen ergänzen oder widmen sich vollständig dem Unternehmensziel der Nachhaltigkeit. Diese Entwicklung gilt es von politischer Seite mit aller Kraft zu flankieren. Die ökologischen, ökonomischen und sozialen Fragen unserer Zeit lassen sich nur gemeinsam lösen.

Das Ansinnen der Stiftung Verantwortungseigentum ist daher richtig. Es gibt verschiedene Konstellationen im Marktgeschehen, die den Wunsch einer neuen Rechtsform nachvollziehbar erscheinen lassen. Doch unser geltendes Gesellschaftsrecht trägt in sich die Kraft, dynamische Wandlungsprozesse auch rechtlich substantiell stabil zu begleiten. Der von der Stiftung Verantwortungseigentum vorgebrachte Gesetzesentwurf greift vor diesem Hintergrund viel zu kurz und konterkariert sogar den Zweck, den die Stiftung eigentlich selbst verfolgt.

Der Gesetzesentwurf erinnert an die rechtliche Konstruktion des „Unternehmens­zweckverbandes“. Ein Kernproblem ist dabei schon die rechtliche Unschärfe des Begriffs „Verantwortungseigentum“. Denn der vorliegende Entwurf dient – so heißt es – dem Zweck des Unternehmenserhalts allein im Interesse der GmbH Gründer. Dadurch werden zunächst die Rechte von möglichen Rechtsnachfolgern tiefgreifend beschnitten. Das erinnert den Gesellschaftsrechtler leider an die „Fideikommisse“ aus feudalen Zeiten. Denn das Erbrecht und das Güterrecht werden weitestgehend ausgehöhlt, und das Vermögen der GmbH-VE wird damit der ökonomisch für wichtig gehaltenen effizienten Ressourcenallokation entzogen. Zudem: Die Unternehmen als solche werden durch den Entwurf gerade nicht geschützt, sondern können jederzeit veräußert werden. Geschützt ist allein das Vermögen, welches sich permanent aufgrund des „asset locks“ vergrößert, ohne dadurch zwangsläufig nutzstiftend zu sein. Und ein „verantworteter“ Umgang von künftigen Managern mit dem übernommenen Vermögen ist schon deshalb nicht sichergestellt, weil sie ohne eigene Einlage in ihre Position gelangen können.

Das Gesellschaftsrecht basiert auf jahrhundertelanger Erfahrung und dem Prinzip der transparenten und gegenseitigen Kontrolle mit dem Ziel, Missbrauch zu verhindern. Deshalb sind Vorschläge abzulehnen, die keine gesetzliche Verankerung einer verantwortungsvollen Corporate Governance vorsehen oder wo diese gar eigenmächtig geändert werden kann und es keine gesetzliche Verankerung von Stakeholder-Interessen gibt (bspw. unternehmerische Mitbestimmung). Der Entwurf öffnet verdeckten Gewinnausschüttungen Tür und Tor und würde Managervergütungen ohne jede besondere Begrenzung gegenüber der normalen GmbH erlauben – entgegen dem, was der Deutsche Bundestag noch vor wenigen Monaten im ARUG II für das Aktienrecht beschlossen hat.

Entgegen der Auffassung von Herrn Fratzscher sind auch die steuerrechtlichen Folgeprobleme nur rudimentär bedacht. Durch die fehlenden erbsteuerrechtlichen Vorgaben könnte die GmbH-VE sogar zu einem Steuersparmodell par excellence mutieren. Es erscheint durchaus möglich, dass ein milliardenschweres (Unternehmens-)Vermögen ohne die Schranken der §§ 13 ff. ErbStG zum Nulltarif auf die nächste Generation übertragen wird. Zudem ist nicht gesichert, ob die Leistungen an eine GmbH-VE im Hinblick auf die Unentgeltlichkeit der Zuwendung nicht schenkungsteuerpflichtig sind.

Bei Lichte besehen ist die GmbH in Verantwortungseigentum eine Mogelpackung. Der Entwurf schreibt den Gesellschaftern nicht wie suggeriert den Erhalt des Unternehmens vor. Ebenso wenig verpflichtet er die Geschäftsführung auf eine (besonders) nachhaltige und verantwortungsbewusste Unternehmensführung. Verpflichtend ist einzig die Vermögensbindung, die sich aber durch Austauschgeschäfte (Vermietung, Darlehen, Dienstverträge) und eigenkapitalähnliche schuldrechtliche Finanzierungsformen (z.B. atypische stille Gesellschaft) leicht umgehen lässt.

Fasst man all diese Punkte und ihre gesellschaftsrechtliche Wirkung zusammen, so würde der Gesetzesentwurf der GmbH-VE in der vorgelegten Form vor allem Missbrauchsmöglichkeiten in der Unternehmensführung eröffnen: Das ist eine Selbstermächtigung von Managern ohne Eigentumsverantwortung. Angesichts des mit manchen solchen Gesellschaften verfolgten Ziels, sich auch politisch zu betätigen, sind auch Fragen der Erfassung durch das neue Lobbyregister ungeklärt.

Hier finden Sie die Pressemitteilung als PDF: 20201002_Verantwortungseigentum

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