Organspende: Bessere Aufklärung. Verbindliche Ansprache. Freiwillige Entscheidung.


Organspende: Bessere Aufklärung. Verbindliche Ansprache. Freiwillige Entscheidung.

Noch nie haben Menschen in Deutschland so lange auf ein Spenderorgan gewartet wie heute. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Das Vertrauen in das System hat durch das Fehlverhalten einiger Transplantationszentren bei der Bevölkerung arg gelitten. Dazu scheinen die Informationskampagnen und alle wohlgemeinten Appelle zu diesem Thema derzeit nicht zu verhaften. Die Folge: Bundesweit haben 955 Menschen nach ihrem Tod ihre Organe für schwerkranke Patientinnen und Patienten gespendet. Gleichzeitig stehen in Deutschland aber aktuell immer noch 9.400 Patientinnen und Patienten auf der Warteliste für eine Organtransplantation. Und das obwohl laut Umfragen eigentlich eine hohe Spendebereitschaft in der Bevölkerung vorherrscht. Zeit für einen Neustart: Die Organspende ist ein aufwändiger Prozess. Viele Kliniken scheuten den Aufwand, der mit Transplantationen einhergeht. Andere waren personell den Anforderungen nicht gewachsen, in seltenen Fällen verhinderten Kostengründe Verbesserungen. 2018 berichteten Ärzte in einer Studie im „Deutschen Ärzteblatt“, dass es vor allem an einer Stelle hakt: Die Kliniken melden zu selten potentielle Spender an die Deutsche Stiftung Organtransplantation. Deshalb hat die Große Koalition unter großer Zustimmung im Bundestag im Januar die Novelle des Transplantationsgesetzes verabschiedet. Und erste zarte Verbesserungen sind bereits zu spüren. (Für mehr lesen Sie hier weiter).

Aber der Deutsche Bundestag möchte noch mehr tun. Zwei Gruppen haben sich zusammengefunden: Eine für die doppelte Widerspruchsregelung sowie eine Gruppe pro verbesserter Zustimmungslösung. Heribert Hirte ist Teil der zweiten Gruppe und arbeitet gemeinsam in dieser überfraktionellen Gruppe an einer Lösung, damit sich mehr Menschen bewusst für eine Organspende entscheiden. Dabei gilt: Die Gruppe möchte die Organspende nach dem Tod als eine bewusste und freiwillige Entscheidung stärken, die nicht durch den Staat erzwungen werden darf. Denn die Selbstbestimmung über den eigenen Körper ist ein zentrales Element menschlicher Würde, wie Heribert Hirte feststellt: „Für mich ist die Organspende ein Akt gelebter Solidarität. Jedem Menschen, der sich für eine Spende entscheidet, gebührt Dank.“ Auch den Vorschlag der doppelten Widerspruchsregelung tragen rund um Bundesgesundheitsminister Spahn (der diesen Vorschlag aber als einfaches Mitglied des Deutschen Bundestages einbringt) Parlamentarier aller Parteien. Konkret sieht der Plan der Gruppe so aus, dass alle volljährigen und melderechtlich erfassten Bürger als potenzielle Organspender nach ihrem Hirntod gelten. Alle aber sollen auch das Recht haben, dem jederzeit zu widersprechen. Tun sie das, kommen sie nicht mehr für eine Spende infrage. Alle Angaben sollen in einem aufzubauenden bundesweiten Register erfasst werden. Wenn kein Widerspruch dokumentiert ist, müssen sich die Ärzte noch bei den nächsten Angehörigen vergewissern. Diese hätten zu sagen, ob ihnen bekannt sei, dass die oder der Hirntote sich zu Lebzeiten gegen eine Entnahme ausgesprochen hat oder ob der mutmaßliche Wille der Betroffenen einer Spende entgegenstehen würde. Die Angehörigen sollen nicht über ihre eigene Meinung sprechen, sondern darüber, was die oder der Verstorbene gedacht hat.

Alles in allem strebt die Gruppe um Minister Spahn einen Systemwechsel an, hingegen unterstützt die Gruppe um Heribert Hirte konkrete Änderungen mit verschiedenen Vorschlägen für eine zeitnahe und praktische Umsetzung. Hirte argumentiert aber nicht ausschließlich funktional, aus seiner Sicht sprechen ethische Gründe gegen eine Widerspruchslösung: „Unser Grundgesetz garantiert die Freiheit, das eigene Leben nach religiösen, politischen oder anderen Überzeugungen zu verwirklichen. So ist auch das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper garantiert, das sogar über den Tod hinaus reicht. Zwar kann dieses Recht verhältnismäßig eingeschränkt werden, doch der von Minister Spahn vorgelegte Entwurf überschreitet diese Verhältnismäßigkeit offensichtlich und gefährdet den postmortalen Schutz der Selbstbestimmung. Es gibt effektivere und mildere Mittel, die Organspendezahlen signifikant zu erhöhen.“ Auf ähnliche Argumente verweisen die Deutsche Bischofskonferenz und der Deutsche Ethikrat.

Der Union ist es nun wichtig, eine verantwortungsvolle Debatte zu führen. Das hat bereits die Orientierungsdebatte zu diesem Thema im November letzten Jahres gezeigt (Die Rede von Hirte finden Sie hier). Das Ziel nun lautet: In die Gesellschaft zu hören und schlussendlich Verbesserungen für betroffene Menschen zu erreichen. Denn diese stehen im Fokus der Vorschläge sowohl von Jens Spahn als auch von Heribert Hirte.

Wie möchte die Gruppe um Heribert Hirte die Organspende konkret verbessern?

  • Klare Entscheidung im Online-Register und verbindliche, wiederkehrende Befragung Entstehen soll ein bundesweites Online-Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende. Ziel dabei ist es, eine Registrierungsmöglichkeit zu schaffen, die für die Bürgerinnen und Bürger einfach & sicher erreichbar ist & gleichzeitig den Krankenhäusern im Bedarfsfall einen Zugriff gewährt. Dabei sollen die Bürgerinnen und Bürger eigenständig dazu in der Lage sein, ihre Erklärung zur Organspende mittels selbstständiger Eintragung bei der Ausweisabholung – spätestens alle zehn Jahre – oder jederzeit online in das Register vorzunehmen & bei Bedarf zu ändern.
  • Verbindliche Information und Ansprache Für die verbesserte Zustimmungsregelung käme den Ausweisstellen eine zentrale Rolle zu: Sie werden verpflichtet, die Bürgerinnen & Bürger mit Informationsmaterialien zu versorgen & bei Abholung der Ausweispapiere zur Eintragung in das Organspende-Register aufzufordern. Die Eintragung kann vor Ort – sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt – stattfinden. Dies gilt auch für Ausländerbehörden.
  • Einbindung der Hausärztinnen und Hausärzte Hausärzte & Hausärztinnen erfüllen eine Lotsenfunktion im Gesundheitswesen. Deshalb sollen diese Patientinnen & Patienten regelmäßig über die Organspende beraten & sie zur Eintragung in das Register ermutigen. Es besteht allerdings keine Erklärungspflicht & die Aufklärung muss ergebnisoffen erfolgen. Begleitend wird der Bereich Organspende innerhalb

Dieser Beitrag stammt aus den 73. Berliner Einblicken, welche Sie hier finden: Berliner_Einblicke_73.

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