In Deutschland tobt ein Glaubenskrieg. Das möchte man zumindest meinen, liest man so manchen Kommentar über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den (sozialen) Medien. Derweil steht wohl unzweifelhaft fest, dass durch die Beitragsfinanzierung der öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten eine große Programmvielfalt, hohe Standards und unabhängiger Journalismus gesichert werden. Viel der Kritik arbeitet sich exemplarisch am Nachmittagsprogramm in ARD, ZDF und den dritten Programmen ab, und ja, selbstverständlich findet jeder eine Sendung, die ihm oder ihr gänzlich missfällt.
Doch in Zeiten von Fake-
News und Verschwörungstheorien, die bis tief in die Mitte unserer Gesellschaft vordringen, brauchen wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dringender denn je. Nur so lässt sich gezielter Desinformation wirksam entgegentreten. Auch in der jetzigen Corona-Krise waren und sind wir auf objektive, gut recherchierte Informationen angewiesen. Sie sind absolut notwendig, ja systemrelevant. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat gerade in der Krise mit zusätzlichen Sondersendungen, Kultur- und Bildungsangeboten in hervorragender Weise seinen Auftrag erfüllt. Die in der Krise deutlich höheren Zugriffszahlen auf seriöse Medienangebote zeigen: Diese Angebote genießen hohes Vertrauen, und das zu Recht.
ABER, und das möchte ich an dieser Stelle großschreiben, diese grundsätzliche Haltung kann die öffentlichen Rundfunkanstalten auch aus meiner Sicht nicht davor bewahren, sich mit berechtigter Kritik auseinanderzusetzten. Einigen Sendern sind die Personalkosten vor allem mit Blick auf die Pensionen entglitten. Die Einschaltquoten rechtfertigen einige lieb gewonnene, aber wohl doch veraltete Sendeformate nicht mehr; auch sind Kosten für Produktionen stetig zu hinterfragen. Die Ausgewogenheit der politischen Berichterstattung muss kritisch diskutiert werden können, ohne auf der einen Seite direkt die Pressefreiheit
in Frage zu stellen und auf der anderen Seite den Redaktionen eine einseitige politische Agenda zu unterstellen. Insgesamt muss gelten: Der Informationsauftrag der Sender steht
weit über dem Unterhaltungsauftrag!
Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hat sich erstmalig seit 12 Jahren auf eine moderate Erhöhung der Beiträge geeinigt. Diesen Anstieg um 86 Cent im Monat halte ich für vertretbar. Denn mit dem dualen System aus öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk haben wir in Deutschland eines der vielfältigsten und unabhängigsten Medienangebote der Welt. Es erfüllt eine unverzichtbare Aufgabe und ist Lebenselement unserer Demokratie. Das habe ich in einem offenen Brief an die Ministerpräsidenten gemeinsam mit einer Reihe von anderen Unionsabgeordneten unterstützt.
Gleichwohl spreche ich mich in diesem Brief dafür aus, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihre Sparanstrengungen noch verstärken. Und schließlich darf man in diesem Zusammenhang eines nicht vergessen: Rundfunk ist Ländersache, und die Aufteilung des Bundesgebiets in Länder gehört zum unveränderlichen Kernbestand unseres Grundgesetzes; hier haben wir genau die Subsidiarität, die gerade wir Deutsche oft und zu Recht auf europäischer Ebene fordern.
Dieser Kommentar stammt aus meinen Berliner Einblicken #89, diese finden Sie hier: Berliner_Einblicke_89